SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

Einsatz der BR 110 auf der Schwarzwaldbahn

BR 110 auf der Schwarzwaldbahn

Eine Reminiszenz auf die 28-jährige Einsatzgeschichte der Einheitslok auf der Gebirgsstrecke

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Beheimatung der Baureihe 110 im DB-Regio Werk Freiburg von 2002 bis 2006
Letzte Einsätze der Baureihe 110 des DB-Regio Werks Freiburg
Bilder vom Einsatz der BR 110 auf der Schwarzwaldbahn
 
weitere Beiträge zum Thema Elektrotraktion auf der Schwarzwaldbahn:
Teil 1: 139 wird Schwarzwaldbahnlok | Teil 2: Die "Trabis" kommen! | Teil 3: BR 111 und der Interregio
Teil 4: Späte Blüte der 110 | Teil 5: Regionalzüge der letzten Einsatzjahre (1) | Teil 6: Regionalzüge (2)
Teil 7: Drehstrom auf dem Vormarsch | Teil 8: Die neue Schwarzwaldbahn-Lok 146.2 | Teil 9: Ahnen

Im Beitrag "Elektrifizierung der Schwarzwaldbahn" sind die Gründe dargelegt, warum diese erst in den siebziger Jahren erfolgte. Ein wichtiges Argument für die Elektrifizierung war die wesentliche Verkürzung der Fahrzeiten durch die mögliche Bespannung der Züge aus dem Norden ohne Traktionswechsel in Offenburg. Zusammen mit höherer Geschwindigkeit und besserem Beschleunigungsvermögens der Elektrolok ergaben sich errechnete Fahrzeit- verkürzungen von bis zu 30 Minuten zwischen Offenburg und Konstanz.

Mitte der siebziger Jahre stand die neu beschaffte Serienausführung der Baureihe 103 vollständig zur Verfügung. Sie nahm der Baureihe 110 erhebliche Anteile des langlaufenden Fernverkehrs ab. Nach der Fertigstellung beider Elektrifizierungsabschnitte (Offenburg - Villingen 1975 und Villingen - Konstanz 1977) war es daher keine Frage, dass die 110er für den Einsatz auf der Schwarzwaldbahn prädestiniert waren. Die Ernüchterung fiel entsprechend groß aus, als das Bundesbahn-Zentralamt München bei Lastprobefahrten mit dem vorgesehenen Betriebsprogramm an der Rampe Hausach - Sommerau thermische Überlastungen feststellte. Durch die eingeschränkte Zulassung der BR 110 musste nun weiterhin in Offenburg umgespannt werden - auf die Baureihenschwester 139. Statt einer königsblauen 110 führte daher am 20.09.1977 eine grüne Lok, 139 314-9, den Eröffnungszug von Offenburg nach Konstanz. Vom Traum der Fahrzeitverkürzungen von einer halben Stunde blieben jetzt im besten Fall noch 16 Minuten übrig - eine herbe Enttäuschung!

Die Anfahrgrenzlast der BR 110 war vom Bundesbahn-Zentralamt München für den genannten 35 km langen Abschnitt mit der Längsneigung 1:50 auf 250 t festgelegt worden. Ab Sommerfahrplan 1978 kam es zu ersten Einsätzen vor Eil- und leichten Schnellzügen. Aber auch vor schweren, durchlaufenden Zügen lief die 110, dann allerdings mit Nachschub durch die BR 139 ab Hausach (aus betrieblichen Gründen phasenweise auch bereits ab Offenburg).

Die Baureihe 110 hatte damit "einen Fuß in der Tür" der Schwarzwaldbahn, allgegenwärtig blieb aber die BR 139. Nach guter Bewährung konnte das BZA München die Anfahrgrenzlast der BR 110 ab 1981 auf 350 t und 1983 sogar auf 380 t erhöhen. Ein Nachschieben danach nur noch bei einem Zug, dem langen Fernexpress "Bodensee" Münster (Westf) - Konstanz (FD 703 / FD 1903), erforderlich. Und bei mittelschweren Fernzügen mit einer durchlaufenden 110 war nun endlich das Ziel der Fahrzeitverkürzung, erreicht worden. Ein Beispiel dafür ist der Fernexpress FD 770 / 771 "Schwarzwald", dessen Lok nach dem Wegfall des Halts in Frankfurt (M) Hbf sogar von Hamburg-Altona bis Konstanz am Zug blieb, wobei die Kurswagen nach Seebrugg in Offenburg vom Hauptzug getrennt wurden.

Nur drei Jahre nach dem Durchbruch für die 110er erschien Konkurrenz in Form ihrer Tochter, der Baureihe 111, auf den Gleisen der Schwarzwaldbahn. Ab 1986 wurde, wegen unbefriedigender Laufeigenschaften der Drehgestelle bei hohen Geschwindigkeiten, die Höchstgeschwindigkeit der BR 110 auf 140 km/h reduziert. Inzwischen waren aber zunehmend auf den Nord-Süd-Strecken Abschnitte für Geschwindigkeiten bis 200 km/h, auf der NBS Hannover - Würzburg auch bis 250 km/h, verfügbar. Die 111er konnten hier immerhin 160 km/h fahren. Sie löste die BR 110 zunächst vor dem Fernexpress "Schwarzwald" ab. Mit der Einführung des Interregio Kassel - Konstanz und später Hamburg - Konstanz ging der Fernverkehr nahezu vollständig auf die 111 über. Wenig später, ab 1991, wurde die 110 auch im Nahverkehr zur Ausnahmeerscheinung, da sich die DR-Lok der Baureihe 143 als schwarzwald-tauglich erwies und für zehn Jahre im Personennah- und Güterverkehr auf der Gebirgsstrecke zur Standardlok avancierte.

Totgesagte leben länger

In Verlängerung des "Rheinland-Pfalz-Taktes" (eingeführt nach der Regionalisierung des SPNV auf Bestellung des Landes RLP) kam die BR 110 von Merzig über Saarbrücken, Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe im Stundentakt bis Offenburg. Die Neuordnung in der Region Rhein-Neckar, besonders aber die fast vollständige Aufgabe des Interregio auf der Linie 19 (südlich von Karlsruhe) führten zu einer Neustrukturierung des Regionalverkehrs am Oberrhein und auf der Schwarzwaldbahn. Im Sommer 2001 erschien der Interregio-Express IRE als neue Zuggattung in der Relation Karlsruhe - Offenburg - Konstanz. Im Wechsel zum Regional- express RE, der im südlichen Abschnitt sechs weitere Bahnhöfe zwischen Offenburg und Konstanz bediente, wird ein ganztägiger Stundentakt gefahren. Im Schwarzwald wird er allerdings durch zwei, später ein, IC-Zugpaar unterbrochen. Der Fahrplan ist eingezwängt zwischen den Knoten Karlsruhe, Offenburg und Singen. Das Betriebsprogramm setzt Geschwindigkeiten bis mindestens 140 km/h auf der Rheintalbahn voraus. Die BR 143 läuft mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h dem Fahrplan im Rheintal immer hinterher. Die Saarbrücker 110 kommen, durch die Beschaffung der BR 145 in RLP in Überzahl vorhanden, und helfen auf der verlängerten Schwarzwaldbahn aus. Konsequenterweise werden 21 Lok der BR 110 aus Saarbrücken ab Dezember 2002 im Werk Freiburg beheimatet, um vor Regionalzügen zwischen Karlsruhe und Konstanz (252 km), aber auch zwischen Offenburg und Basel zu pendeln.

Die 110er, Durchschnittsalter etwas unter 40 Betriebsjahre, zeigen noch einmal eindrucksvoll, was sie zu leisten vermögen. Und jeder Kenner der Schwarzwaldbahn weiß von den enormen Ansprüchen, denen die Traktion, besonders im langen Winter der Hochlagen des Mittelgebirges, genügen muss. Es wurden planmäßig beachtliche 1200 km als Tages- leistungen im Regionalverkehr gefahren.

Zwei Jahre lang kommen die Fans der Bügelfalten-110 voll auf ihre Kosten. Und auch die einzige Kasten-110, die allerdings eher selten auf der Schwarzwaldbahn zum Einsatz kommt, ist ein attraktiver Sonderfall für Eisenbahnfreunde. Sie war nicht nur der Versuchsträger für die LZB-Nachrüstung, sie fiel auch durch ihre unterschiedlichen "Gesichter" auf: "Glupschaugen" am Führerstand 1 und Doppellampenträger auf der anderen Seite.

Mit der Auslieferung der Lok 146 109 bis 146 116 für den Einsatz vor Doppelstockzügen auf der Rheintalbahn wurden, die Geschichte wiederholt sich nach 18 Jahren, Lok der BR 111 freigesetzt, die ihrerseits den Umlaufplan der 110 auf der Schwarzwaldbahn halbieren. Allerdings werden im Laufe einer Woche nur acht von 35 Zügen planmäßig nicht mit der BR 110 bespannt (neun von 35 nicht mit 111).

Nach dem Fahrplanwechsel am 12.12.2004 werden in Freiburg nur noch 12 betriebsfähige Lok der BR 110 vorgehalten. Neben z-Stellungen gibt es auch interessante neue Aufgaben für die alten Triebfahrzeuge. 110 169 wechselt zur DB Systemtechnik nach Minden und vier Lok kehren, mit neuer Baureihennummer 115, sogar in den Fernverkehr zurück. Für DB Autozug fahren sie ab und zu auch auf der Rheintalbahn (weitere Angaben siehe Bestandsliste 110 Werk Freiburg).

Von den 12 verbliebenen Maschinen wird 110 481, übrigens die letzte als "E10" im Dezember 1967 in Dienst gestellte Lok, nach einem Schaden an der Widerstandsbremse im Mai 2006 nach Köln abgegeben. Wenige Tage später kommt sie, nach erfolgreicher Reparatur, zum Werk Dortmund.

Im letzten Wintereinsatz auf der Schwarzwaldbahn, mit über Wochen anhaltenden zweistelligen Minusgraden und besonders heftigen Schneefällen Anfang März und Mitte April, müssen die knapp 40 Jahre alten Lok mehrfach in Umlaufplänen der 111 aushelfen. Die robuste Technik mit dem Entwicklungsstand der Fünfzigerjahre ist offensichtlich nicht kleinzukriegen.

Während der letzten vier Tage im Plandienst verschwinden jeden Tage eine Lok und eine der vertrauten Ausrüstungen mit "redesign-Silberlingen" aus dem Umlauf, ersetzt durch einen Doppelstockzug, geführt von einer der zwölf Lok der BR 146.2, die zwischen Juli und Oktober 2006 an das DB-Regio Werk Freiburg ausgeliefert wurden. Im Rahmen der Eröffnungsfeier der "Neuen Schwarzwaldbahn" am 9.12.2006 in Villingen wird die 100. Lok der Baureihe 146 offiziell von Bombardier an die DB übergeben. Nahezu zeitgleich verabschiedet sich von Freiburg die Lok 110 463-7, die am 30.08.1967 als 500. von Kraus-Maffei gefertigte Einheitslok im Rahmen eines Festakts als geschmückte, königsblaue E10 463 an die Deutsche Bundes- bahn übergeben wurde.

Die letzten Zeilen lassen erkennen, dass der Autor nicht ohne Emotionen an den Einsatz der BR 110 auf der Schwarzwaldbahn zurückdenkt. Die neuen Triebfahrzeuge gehören einer vollkommen anderen Generation an, die Drehstromantriebstechnik kann ihre Vorteile auf der Strecke hervorragend ausspielen. Durch Rückspeisung kann Energie gespart und die Umwelt geschont werden. Und für die Tf ist der neue Arbeitsplatz ein großer Fortschritt. - Trotzdem ist zu hoffen, dass in einigen Jahren auch "Nostalgie-Fahrten" mit einer Lok der Baureihe 110 und Silberlingen auf der Schwarzwaldbahn möglich sein werden. Endlich wieder Fenster öffnen können und die Schwarzwaldluft genießen ...
 
 
 
 

Einsatz der BR 110 - Lokübersicht Werk Freiburg ab Dezember 2002
Letzte Einsätze der Baureihe 110 des DB-Regio Werks Freiburg
Bilder vom Einsatz der BR 110 auf der Schwarzwaldbahn